3. 8. 2021 Fahrt nach Schäßburg


Während es in Deutschland kalt und regnerisch ist, ist es hier ziemlich heiß. Die Gewitter sind wohl momentan woanders. Abends wird es zum Glück kühler, so dass man es gut aushalten kann. Eine Klimaanlage vermisse ich nicht. 

Die Hitze bringt aber auch Nachteile. Wenn man viel läuft und dabei schwitzt, kann es vorkommen, dass man sich einen Wolf läuft. So wie ich.

Also bin ich gestern in eine Apotheke gegangen und stand vor dem Problem: wie sage ich es? 

In dem Laden war ein männlicher Kunde und eine Apothekerin. Der Mann gab mir ein Zeichen: du darfst vor. Sehr angenehm war  mir das nicht, vor Zeugen zu erzählen, dass ich mir die Eier wundgelaufen habe. Ich versuchte es mit „between legs“ und „it hurts“. Die Apothekerin verstand kaum Englisch, aber der Mann sagte ein paar Worte und sie griff in das Regal. Zu mir meinte der Typ: yes, it‘s hot and there is a lot of sweat…..


Die Apothekerin gab mir einen Topf mit einem Salbenvorrat für 6 Jahre. Ich fragte nach einem kleineren Präparat, weil ich mit Backpack reise. Wieder sprang der Typ ein und sagte irgendwas mit „Rucksack“. Ich vergesse immer wieder, dass Worte wie Rucksack oder Kindergarten ihren Weg in andere Sprachen gefunden haben. Aber wie-auch-immer. Dank der Hilfe des freundlichen Rumänen, der mir am Schluss auch noch „enjoy Romania“ hinterherrief, habe ich jetzt die Salbe und es geht mir auch schon besser. 

Danach habe ich mir mal wieder ein Restaurant gesucht. Das ist immer nicht einfach, auch, weil es hier kein Streetfood gibt. Und alleine im Restaurant ist auch nicht so toll. Ich fand eines in einer Seitenstraße und dann kam die nächste Herausforderung: was bestellen? Das Einzige, was ich in der Karte lesen kann, sind die Preise. Und „Porc“ ist Schwein und „Pui“ ist Huhn. 

Schließlich gab es Ciolan de porc. Auf Deutsch würde ich es Eisbein nennen. Allerdings ist die Schwarte dunkel, hat also mal einen Bräter gesehen. Aber sie ist weich und sehr fettig. Das Fleisch aber war lecker und dazu gab es weiße Bohnen in einer pikanten Sauce. Aber zugegeben: eine gegrillte Haxe wäre mir lieber gewesen….




Der neue Tag begann wie immer um 7 Uhr. Schnell einen Kaffee machen, ein paar Kekse: fertig ist das Frühstück. Schnell rüber zum Busbahnhof und ab zum Bahnhof. Auf Gleis 4 kommt dann wenig später der Zug nach Sighisoara. 

Von dem gestern gesparten Geld beim Eintritt in Bran habe ich mir ein 1. Klasse - Ticket gegönnt. 

Großes Kino!

Zug und Waggon sind schon ziemlich alt aber in dem Abteil ist riesig Platz (wir sitzen da nur zu zweit drin) und es gibt sogar eine funktionierende Klimaanlage. Die Fahrt soll etwas über 3 Stunden dauern, aber so kann man das spielend aushalten!

Spannend ist die Tour allerdings nicht. Wir kommen an Weizen- und Maisfeldern vorbei, man sieht viele Schafe und Kühe. 2x halten wir an, ansonsten rattert der Zug durch das Land. 

Es ist sehr grün hier. Felder, (Laub)Wälder und Wiesen wechseln sich ab. Wir sind immer so zwischen 500 und 600m hoch und draußen, hinter der Klimaanlage, scheint ein schöner Sommertag zu sein.

80km/h schätze ich die Geschwindigkeit in guten Zeiten. Dann schüttelt sich der Zug richtig, zeichnen oder schreiben mit der Hand ist schwierig. Es ist auch ziemlich laut, die Qualität der Schienen ist nicht so toll. Das ist auch der Grund, warum wir manchmal recht langsam unterwegs sind. Aber in der 1. Klasse (2€ teurer als die 2.) kann man das ertragen.

Aber da ist noch was offen: ich habe noch nicht die Zugtoilette besucht. Ich muß das auch jetzt nicht, aber mein Abenteuergeist….Die (in meinen Augen) junge Frau, mit der ich das Abteil teile, scheint vertrauenswürdig; also kann ich mein Gepäck alleine lassen. Die Toilette in meinem Waggon ist besetzt, aber direkt gegenüber im 2.Klasse - Wagen ist auch noch eine. Erst mal muss ich aber da hin kommen, und das ist über den ziemlich wild tanzenden Übergang zwischen den Wagen ein kleines Wagnis. Aber ich mache es und werde belohnt mit einer nicht sooooo schlimmen Toilette. Klar, schön ist anders, aber so lange man sich nicht setzen muss….






Kurz vor Sighisoara kommen wir immer öfter an kleinen Dörfern vorbei. Die sehen ziemlich putzig aus, die würde ich gerne von Nahem sehen. Vielleicht morgen…

Die Herberge ist schwer zu finden. Das steht schon im Internet und die offensichtlich kein Englisch sprechenden Betreiber haben mir schon 2 Messages geschickt. Aber die Übersetzungs-App bekommt das hin!


Der Mann heißt Johann. Und er ist auch 1953 geboren. Ich weiß alles! Nach 10 Minuten zu Fuß erreiche ich meine Unterkunft. Johann wartet vor dem Tor auf mich. Er hat eine kleine Übersetzungsmaschine. Er spricht da rein und ich lese, was er gesagt hat, auf Deutsch. Ich nehme mein iPhone und spreche in die Google-App und das Telefon gibt den Text auf Rumänisch wieder. Jetzt unterhalten sich also die Maschinen!

Johann ist super. Er erklärt mir das Appartement mit sllen Funktionen, zeigt, wo ich Kaffee, Kuchen und Brandy!!! finde. Hier gibt es überall Schnaps for free! Wahrscheinlich brennen die alle schwarz! Oder darf man das heute nicht mehr sagen? Egal. Ich bekomme Tipps für das Abendessen und eine kurze Eiführung in was-finde-ich-wo in der Altstadt.

Und die ist wirklich Hammer! Klar, es geht ausschließlich bergauf und auf dem sehr groben Kopfsteinpflaster ist das Laufen schwierig. Pittoreske kleine Gassen mit ebenfalls kleinen, alten, bunten Häuser. Ein paar Kirchen und viele Wachtürme (jede Gilde hatte einen eigenen Wachturm gebaut. Man kann sich kaum sattsehen und ich muss mich zwingen, nicht alles zu fotografieren.








Über die Schülertreppe geht es mehr als 170 Stufen überdacht nach oben zur Bergkirche. Alternativ kann man auch einen Weg gehen, der tatsächlich den deutschen Namen „Umweg“ trägt. Die Kirche ist toll. Sie ist aus dem 13. Jahrhundert und natürlich hat sie Brände und Erdbeben erlebt, aber der Turm ist noch Original. Innen ist sie schlicht und man gibt sich Mühe, uralte Wandmalereien wieder zum Vorschein zu bringen. 




Es gibt unter dem Altar eine Krypta und die ist gruseliger, als Dracula. Der (Vlad Tepes) kommt übrigens hier her. In seinem Geburtshaus ist heute ein Restaurant, bei dessn speisen die Rot-Töne überwiegen. Außerdem gibt es überall viel Dracula-Quatsch.

Aber hier in der Bergkirche ist eher Frieden. Hier werden auch alte Vorratstruhen aus dem 14. und 15. Jahrhundert ausgestellt, die man in Scheunen und Dachböden gefunden hat. Liebevoll mit Malereien verziert und oft noch mit Resten von Körnern, Münzen und anderen Zeitzeugen.Dahinter ist ein wunderschöner alter Friedhof. Insgesamt eine wunderbare Atmosphäre. Erklärt hat mir einiges ein vierschrötiger Typ. Auf Deutsch. 








Ich bin noch weiter durch die Altstadt gestreift und unter anderem noch in einer Folterkammer gewesen. Hier gibt es neben ungemütlich aussehenden Foltergegenständen auch noch Dokumentationen. Auch auf Deutsch. Foltern war damals ein probates Mittel und nach dem, was ich da gesehen und gelesen habe, würde ich auch alles gestehen…Ein abschließender Besuch bei einer riesigen, aber neueren Kirche (Bisceria Sfanta Treime) war nicht von Erfolg gekrönt: sie war geschlossen. Dafür hat mich davor ein Bettler angeschnorrt.




Wieder in der Herberge habe ich schnell ein paar Sachen ausgewaschen. Als ich sie aufhängen wollte, hat mich Johann erwischt. Jetzt sind sie in seinem Trockner….

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