1.8.2021 Brasov und die Bären
Man erzählt sich hier, dass der Rattenfänger von Hamel hier in Brasov wieder aufgetaucht ist. Eine interessante Legende. Aber ich habe ihn nicht gesehen.
Gesehen habe ich heute viele Bären. Und was war fast besser. Aber der Reihe nach. Als ich rausging, schlief die Stadt noch. Zum Busbahnhof laufen, da dann den Bus zum Bahnhof nehmen. Im Bus ca. 15 Leute, meistens Frauen. Und nachdem die alle ruhig dagesessen haben, kommen sie plötzlich alle in Bewegung. Wir haben eine Kirche passiert und alle bekreuzigen sich. Danach ist wieder alles ruhig. Ziemlich katholisch hier.
Den Bahnhof kenne ich ja schon und am einzigen Schalter ist nur eine Frau vor mir. Aber die scheint eine Weltreise zu buchen, so lange dauert das. Und der Zug fährt in 8 Minuten.
Als ich endlich dran bin: falscher Schalter. Ich fahre mit einer anderen Gesellschaft. An dem Schalter ist dann ein Pärchen vor mir. Same procedure. Aber es lag nicht an der Verkäuferin. Mein Ticket nach Zarnesti hatte ich nach Sekunden.
Der Zug ist ein Schienenbus ohne Airco, aber mit Fenstern, die man öffnen kann. Wir fahren durch Felder und im Hintergrund sind die Karpaten. Einmal fliegen ca. 80-100 kleine Vögel parallel zu uns. Unsere Geschwindigkeit halten sie problemlos.
In Zarnesti angekommen, habe ich ein Problem. Die Bären Schutzstation ist 9 km entfernt. Aber es gibt ein Taxibüro und die wollen helfen. Allerdings muss ich in 15 Minuten da sein, sonst verpasse ich die englische Führung und muss 1 1/2 Stunden warten. Als der Taxifahrer mit seinem alten Dacia kommt, versteht er das Problem und gibt alles.
Wirklich alles.Wir düsen durch den Ort, fliegen über die Landstraße und dann geht es auf eine Schotterpiste. Für den Dacia kein Problem. So, wie der aussieht, hat er das schon öfters machen müssen.
Vor uns ein langsamer Toyota. Mein tapferer Fahrer hupt ihn weg. Und den Ford davor auch. Selbst auf der schmalen Schotterpiste machen wir Zeit gut.
Ind ich bin pünktlich. Mit ca. 30 Leuten geht es los. Ein sehr sympathischer und gut englisch-sprechender Guide führt uns. Zuerst gibt es ein Video.
Es ist furchtbar.
Die Bären sind alle im besten Fall aus einem Zirkus, aber meistens aus Privathaltung. Restaurants und Tankstellen wollten damit Kunden anlocken und reiche Privatleute haben sich einen Bären im Garten gehalten.
Unter furchtbarsten Bedingungen. Entweder in viel zu kleinen Käfigen oder einfach an Kette oder Nasenring, nachdem man Zähne und Klauen entfernt hatte. Und sie wurden geblendet.
Unvorstellbar.Teilweise hochgradig Verhaltensgestört, manchmal unrettbar. Alle haben Namen und unser Guide kennt sie alle. Zu vielen erzählt er die Geschichte. 112 Bären leben hier, 120 würden passen. Die Tiere werden sterilisiert, damit sich vor allem die Männer nicht gegenseitig umbringen. Und Nachkommen will man hier nicht haben. Es gibt aktuell zwischen 6000 und 8000 Bären im Land und es gibt fast täglich Zusammenstöße zwischen Mensch und Bär. Einmal pro Woche stirbt jemand.
Bären, die Menschen angreifen, sind dem Tode geweiht. Die Ranger kennen die Tiere und schreiben sie zum Abschuss aus. So ein Abschuss kostet zwischen 10 und 15.000€. Sicher eine ethisch/moralisch fragwürdige Methode, aber man braucht das Geld, um die Menschen zu schützen. Bären sind hier ein echtes Problem.
Nicht aber die Bären hier im Schutzgebiet. Sie können, meist nach einem furchtbaren Leben in Gefangenschaft, hier relativ frei und ohne Sorge for Feinden oder Hunger ihren Lebensabend fristen. Wilde Bären werden ca. 20 Jahre alt, in Gefangenschaft (oder auch hier) über 40.
Es gibt ein paar Babys hier. Die kommen entweder aus dem Handel oder von schwangeren Zirkusbären (so etwas gibt es wohl auch). Sie bleiben erst mal 2 Jahre für sich, weil die anderen sie sonst fressen würden. Ausgewildert werden auch sie nicht. Aber vielleicht haben sie es hier auch besser. Hier bekommen sie im Schnitt 2 Tonnen Lebensmittel pro Tag. Das Meiste davon wird von Supermärkten gespendet. Die Bären essen das gleiche wie wir, deshalb lieben sie auch unsere Mülltonnen.
Containern dürfte daher in Rumänien wenig verbreitet sein. Es ist toll, die Bären so nah zu sehen, und auch wenn ich schon viele Tiere ohne Zaun zwischen uns sehen durfte: hier bin ich ganz froh.
Und es ist schön, diese geschundenen Kreaturen zu sehen, wie sorgenfrei sie hier leben können.
Der Guide zeigt uns noch eine Stelle. Es ist ein kleines, kreisrundes Grasstück. Darum ein kreisrunder, kleiner Weg, auf dem nichts wächst. Dieser Weg wurde von einer Bärin mit dem Namen Maya geschaffen. Sie hat 24 Jahre in einem winzigen Käfig gelebt, und als sie hier freigelassen wurde, ist sie immer weiter im Kreis gelaufen. Sie war nicht mehr zu retten.
Wow! Eine eindrucksvolle Führung.
Jetzt musste ich aber wieder zurück. Erst mal gute 2 km über die Schotterpiste und dann hoffen, dass unten auf der Landstraße ein Bus hält.
Alternativ versuchte ich es mit meinem Daumen. Und tatsächlich: eine Familie aus Bukarest hielt an und ich durfte mitfahren. Mir wurde sogar Wasser angeboten und nein: der Bahnhof lag nicht in der Richtung, in die sie fahren wollten. Freundliche Rumänen!
Am Bahnhof habe ich mir noch schnell im Supermarkt gegenüber was zu trinken und ein Brötchen gekauft und 1/2 Stunde später saß ich im Zug nach Kronstadt.
Nach einer kurzen Pause ( mein Vermieter brachte mir einen Riesenteller mit total leckeren Melonenscheiben) habe ich mir dann noch 2 Kirchen angesehen. Nicht sehr spektakulär, einfach nur alt. Weiteres Highlight waren die Brasov Caves.
Die waren gar nicht auf meiner Liste. Ich bin einfach durch 2 ziemlich privat aussehende Passagen und Hinterhöfe gegangen und stand plötzlich an der Stadtmauer. Da war ein netter kleiner Bach und auch noch Schatten und dann entdeckte ich den Höhleneingang. Neugierig trat ich näher und hatte keine Ahnung, was mich da erwartete.
4€ Eintritt kann man riskieren, also bin ich rein.
Sofort wurde es kalt und dunkel. Der Weg war notdürftig mit Lichtschlangen bezeichnet und die Deckenhöhe war für mich nicht immer ausreichend. Tiefer und tiefer ging es in den Berg, ein paar Treppen hoch, nach links, wieder runter. Und es gab Nebengänge. Und hier war die Überraschung. In den Gängen waren tolle Lichtobjekte, meist mit Soundobjekten kombiniert. In dieser Umgebung war das spektakulär.Tiefer und tiefer ging man in den Berg. Bei einem Objekt musste man durch eine Türe. Und plötzlich waren da Schritte!
Hinter einem!
Ein anderes Objekt war eher figürlich, und wenn man näher kam, ertönte hinter einem das Geräusch eines schnell näher kommenden Zuges.
Nichts für schwache Nerven, aber ich liebe es!
Zur Feier des Tages bin ich dann noch die ca. 230 Stufen zum „Weißen Turm“ hochgeklettert, von hier aus hatte man aber auch eine tolle Sicht über den Ort.Ein toller Tag und ich freue mich immer, wenn ich mit dem Transportwesen in fremden Ländern gut zurecht komme.
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